Filippo – Angsthase und Jäger

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Filippo war ein sehr ängstlicher Hund. Zuhause lief er die ersten Tage geduckt und mit eingezogenem Schwanz herum. Er war extrem unterwürfig – wenn ich ihn an die Leine nehmen wollte, legte er sich auf den Rücken und streckte alle vier Beine von sich. Ein Besen und alles andere, das einen Stecken hatte, veranlasste ihn dazu, sich in einer Ecke zu verkriechen.

Ursprünglich hatte ich den Gedanken, dass mein Hund im Vorraum schlafen sollte. Filippo mochte das Alleinsein aber gar nicht. Er lief die ganze Nacht vor der Schlafzimmertür auf und ab, bekam vor lauter Stress starken Durchfall und machte in die Wohnung. Auch ein paar „Lackerl“ fand ich morgens meistens vor. Nach einigen Wochen schlaflosen Nächten, beschloss ich, Filippo bei mir im Schlafzimmer schlafen zu lassen. Ab diesem Zeitpunkt gab es keine Probleme mehr. Filippo tat, wozu die Nächte gut sind: schlafen. Und auch meine Nächte waren wieder gerettet.

Viele Herausforderungen

Doch bald kam die nächste Herausforderung. Nach einigen Wochen hatte Filippo seinen ersten epileptischen Anfall. Es war zwar in seinen Unterlagen vermerkt, aber im Tierheim hatte mich niemand darauf aufmerksam gemacht. Für mich war das ein ziemlicher Schock. Nachdem sich herausstellte, dass die Anfälle nicht sehr häufig auftraten, verzichtete ich trotz Anraten der Tierärztin, auf eine medikamentöse Einstellung. Mit der Zeit wurden die Anfälle ohne medikamentöse Therapie immer seltener.

Filippo war außerdem Leishmaniose positiv, hatte aber keine Krankheitszeichen. Leishmaniose ist eine Erkrankung, die durch die Sandmücke übertragen wird und vor allem in wärmeren Ländern, auch im Mittelmeerraum (Filippo stammt ja aus Italien), vorkommt. Sie kann die Haut und innere Organe befallen. Glücklicherweise ergaben alle Blutuntersuchungen in den folgenden Jahren ein negatives Ergebnis – Filippo hatte keine Erreger mehr im Blut.

Im Büro verhielt sich Filippo von Anfang an sehr ruhig und brav. Er bellte nicht, er war einfach nur froh, dass er bei mir sein durfte. Und für die anwesenden KollegInnen und StudentInnen war es kein Problem. Im Gegenteil – seine Sanftmut tat denen gut, die mit Hunden keine guten Erfahrungen gemacht hatten. Offensichtlich übte er sich schon als Therapiehund.

Drinnen war Filippo also ruhig und ausgeglichen. Er war ja schon sechs Jahre alt – zerkaute keine Gegenstände und konnte ein paar Stunden ruhig liegen. Ab und zu holte er sich ein paar Streicheleinheiten oder Leckerli. Dann rollte er sich wieder zufrieden auf seiner Decke zusammen.

Der Jagdhund kommt zum Vorschein

Draußen aber war er wie ausgewechselt, immer auf der Jagd. Dementsprechend stressig gestalteten sich die Spaziergänge mit ihm. Filippo war in Italien als Jagdhund gehalten worden. Es war natürlich, dass er ein „Jagdhundeverhalten“ an den Tag legte. In der Hundeschule und später in der Therapiehundeausbildung wusste er (meistens), dass er an bestimmten Plätzen kein Jagdhund sein sollte. Trotz seines fortgeschrittenen Alters arbeitete er brav mit. Aber bei den Spaziergängen zerrte er mich keuchend an der Leine her – immer eine Fährte in der Nase. Um seinen Kehlkopf und meine Kräfte zu schonen, ließ ich ihn dann immer wieder frei laufen. Was in der Regel damit endete, dass Filippo Witterung aufnahm und auf und davon war. Er zählte nicht zu den Hunden, die dann nach einer Weile zu Frauchen zurückkommen. Nein! Er war auf der Jagd! Und zwar stundenlang! Manchmal konnte ich ihn noch eine Weile bei seiner Tätigkeit beobachten, aber es gelang mir nicht, ihn einzufangen, weil er flink wie ein Wiesel war. Er war so euphorisch bei der Sache, dass er die Welt außerhalb nicht mehr wahrnahm. Und er wirkte bei dieser Tätigkeit überglücklich. Bis jetzt habe ich dieses extreme Verhalten nie wieder bei einem Hund gesehen.

Entwischte er mir beim abendlichen Spaziergang, kam er nach Mitternacht zurück. Er bellte kurz um Einlass, lief ins Schlafzimmer, legte sich in sein Hundebett, rollte sich zusammen und tat als wäre nichts gewesen. Allerdings war er an den Tagen danach so mit einem Muskelkater gestraft, dass er kaum die Stiege vom ersten Stock zur Ausgangstür hinuntergehen konnte.

Antijagdtraining half – aber nur, solange ich es täglich mit ihm übte. Hatte ich keine Zeit dazu, war es bald darauf wieder, als hätten wir nie trainiert. Also verbrachte ich vor allem in den ersten Jahren mit Filippo viel Zeit damit, hinter ihm herzulaufen, ihn irgendwo zu suchen oder auf ihn zu warten.

Mittlerweile, Filippo ist im 16. Lebensjahr, gestalten sich die Spaziergänge fast so angenehm, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Er ist zwar immer noch kein Hund, er neben mir her trottet – viel zu interessant sind die Gerüche der Umgebung. Aber auch ohne Leine besteht jetzt keine Gefahr mehr, dass er mir für Stunden entwischen würde.

 

Einen erfolgreichen Tag!

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